Schweizerische Tagung der
personalärztlichen Dienste
im Gesundheitsdienst

Die Hand an der Arbeit
Lausanne - CHUV
18-19 november 2004

Wissenschaftliche Tagung der
Schweizerischen Gesellschaft
für Arbeitsmedizin

Hauterkrankungen im Spitalumfeld : von der Physiologie bis zur Vorbeugung

Dr Daniel Perrenoud

Service de dermatologie CHUV et Institut universitaire romand de santé au travail, Lausanne

Entgegen einer verbreiteten Meinung, ist die Haut kein inertes Organ, sondern ein Gewebe, das sich ständig und schnell erneuert. Vermittlerin zwischen internem Milieu und Umwelt, ist sie sowohl Sitz der immunitären Erkennung als auch Austausch &endash; sowie Schutzmembran. Die Aufrechterhaltung dieser Hautfunktionen ist streng an ihre Integrität gebunden. Nun, die Haut ist verletzlich und dünn : die obere Hornschicht ist ca 0,01 mm dick und ist ganz allein für 80 % der natürlichen Barrierefunktion zuständig ! Im Spitalmilieu sind die Hände wiederholten Angriffen ausgesetzt, die diese kutane Barriere verletzen, die interzellulären Lipidlamellen entstrukturieren, die Keratinozyten zur Produktion von proinflammatorischen Zytokinen anregen und die immunkompetenten Zellen der Epidermis und der Dermis aktivieren (Langerhans'sche Zellen). Diese primären Veränderungen führen zu zwei Haupttypen von Dermatitiden : 1) die irritative Dermatitis 2) die allergische Dermatitis. Diese zwei Typen unterscheiden sich durch die Beteiligung, im Falle der allergischen Dermatitis, einer immunologischen Spätreaktion, die von den T-Lymphozyten-Gedächtniszellen ausgeht. Praktisch sind Hautreizung und Allergie assoziiert, erstere geht häufig der zweiten voran und fördert deren Entwicklung. Die kutane Allergie führt zu einer definitiven Veränderung der Immunsituation der betroffenen Person. Während die kutane Irritation fast immer reversibel ist, führt nicht selten die Allergie zu dauerhaften Teilarbeitsunfähigkeiten. Es ist somit wesentlich das Auftreten von Kontaktallergien zu vermeiden.

Die Latexallergie ist ein potentiell schwerwiegendes Sonderphänomen, dem eine Antikörper vermittelte immunologische Sofortreaktion zugrunde liegt. Die Anerkennung dieses Problems durch die Spitalverantwortlichen und die Qualitätsverbesserung der Handschuhe haben seit einigen Jahren zu einer klaren Verminderung der Fälle beim Pflegepersonal geführt.

Die Hauptirritantien im Spitalmilieu sind das Wasser, die Detergentien und die Antiseptika. Die Hauptallergene sind die Antiseptika (Flächen- und Instrumentendesinfektion), die Hautdesinfektionsmitteln und Gummi (Kautschukadditive und Latexproteine). Die alkoholischen Desinfektionsmittel, die zu oft in Verruf stehen, sind für die gesunde Haut unschädlich. Sie sind aber sehr gute Indikatoren einer beginnenden Schädigung der Hautbarriere. Der Handschuhpuder ist an sich harmlos, kann aber zum Vektor einer Latexallergie werden. Injektabilia und Impfungen sind punktuell Ursache von Kontaktallergien.

Das nichtpflegende Spitalpersonal, vor allem das Putzpersonal, ist hauptsächlich der toxischen und irritativen Wirkung der Antiseptika und der Reinigungsmitteln, gelegentlich bis zu einer chemischen Verbrennung, exponiert und weniger dem allergisierenden Risiko der Handschuhe. Beim Küchenpersonal, zu strikten hygienischen Massnahmen verpflichtet, kommen vor allem irritativ-toxische Dermatitiden bei nasser Arbeit und Gebrauch von starken Detergentien, und viel seltener Kontaktallergien zu Lebensmitteln, Antiseptika oder zum Metall der Küchenutensilien vor. Das Laborpersonal ist zusätzlich zum Infektionsrisiko noch den chemischen Risiken der manipulierten Substanzen exponiert und selten auch dem Risiko einer Handschuhallergie. In der Forschung kommen ausnahmsweise Kontaktdermatitiden von Labortierproteinen vor. Die Röntgendermatitis beim Röntgenpersonal ist heute dank gut applizierten Schutzmassnahmen nur noch virtuell. Die weiteren Dermatosen im Spitalmilieu betreffen Nebenberufe wie: Wartungsmechaniker, Gärtner, Schreiner etc.

Im Allgemeinen erhöht eine Anamnese mit Ekzem in der Kindheit (atopische Dermatitis) die Wahrscheinlichkeit einer irritativen Dermatitis beim Eintreten in die Berufswelt. Es ist also wichtig bei den Anstellungsgesprächen und bei Konsultationen beim werkärztlichen Dienst auf atopische Zeichen zu achten, um allenfalls die Schutzmassnahmen und die Hautpflege zu intensivieren. Es ist besser für bekannte Atopiker sich nicht für stark hautbelastende Spezialisierungen wie Intensivstation oder Neonatologie zu entscheiden.

Klimafaktoren wie Kälte und Luft, sowie gewisse Arbeiten ausserhalb des Berufes, können arbeitsbedingte Dermatosen verschlimmern. In einem solchen Fall ist es für die Analyse und die Therapie wichtig, diese Umweltfaktoren miteinzubeziehen.

Präventiv muss jede Hautirritation als Alarmsignal betrachtet werden und entsprechend aktiv angegangen werden. Das Wählen von hautschonenden Detergentien, der Gebrauch von alkoholischen Hautdesinfektionsmitteln an Stelle von desinfizierender Seife, die regelmässige Anwendung von Handcreme und der Gebrauch von Handschuhen arm an Latexproteinen sind die Pfeiler der Prävention von Dermatosen beim Pflegepersonal. Das Vermeiden von direkten oder indirekten (Dampf) Kontakten mit Desinfektionsmitteln durch technische Massnahmen, und das Tragen von Handschuhen, ist für das Personal der Hygiene- und Sterilisationsabteilungen unerlässlich. Das Gleiche gilt für das Putzpersonal, das mit Detergentien und Flächendesinfektionsmittel in Kontakt kommt. Das korrekte Etikettieren der Produkte und die Ausbildung und Information dieses, häufig wenig geschulten und fremdsprachigen Personals, sind von grösster Bedeutung. Für das Küchenpersonal, bei dem Vinyl- oder Latexhandschuhe zu vermeiden sind, genügt eine gute Hygiene und das regelmässige Anwenden einer Handcreme.