Auf dem Weg zur Benutzung von
Sicherheitsinstrumenten ?
Esther Graf-Deuel, Personalärztin und Pietro
Vernazza, Leiter Infektiologie KSSG
Risikominimierung der Unfälle mit Infektionsgefahr
am KSSG 1998 bis 2003:
Auswirkungen eines benutzerfreundlichen Meldesystems
zusammen mit einem wirksamen Unfallverhütungskonzept.
Bedeutung von Sicherheitssystemen.
Ziel:
Risikominimierung für Infektionsübertragungen
durch Erhöhung der Meldehäufigkeit dank eines
benutzerfreundlichen Meldesystems und gleichzeitiger
Anwendung eines Konzeptes zur Verhütung von
Unfällen mit Infektionsgefahr unter
Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte.
Einleitung:
Ein gut funktionierendes Meldesystem für
Stichverletzungen ist die Voraussetzung für ein
Monitoring der Unfälle mit Infektionsgefahr und
für die Senkung der hohen Nichtmeldehäufigkeit.
Ein Unfallverhütungskonzept basierend auf
Ursachenanalyse mit gezieltem Ergreifen von Massnahmen nach
jeder Stichverletzung wurde 1998 eingeführt zur
Minimierung des Risikos von Infektionsübertragungen und
zur Reduktion der durch die Sensibilisierung erwarteten
starken Zunahme der Meldungen. Die Bedeutung von
Sicherheitssystemen soll abgeschätzt werden.
Methode:
Anlässlich der Reorganisation des Meldesystems und
der Einführung eines Unfallverhütungskonzeptes
1997 wurden Ausgangs- Resultate 1998/99 erhoben. Das
Unfallverhütungskonzept wird den Mitarbeitern bei
Eintritt erklärt. Es basiert auf der Ursachenanalyse
mit gezieltem Ergreifen von Massnahmen nach jedem Unfall mit
Infektionsgefahr, und zwar im Sinne eines Lernprozesses,
also ohne Anschuldigungen. Die gemeldeten Stichverletzungen
wurden bezüglich Evaluation des Meldeprozesses und der
Ursachenanalysen ausgewertet und mit den Vorresultaten
verglichen.
Resultate:
Vor Reorganisation des Meldesystems betrug die
Nichtmeldehäufigkeit von Unfällen mit
Infektionsgefahr 75%. Die Anzahl Meldungen pro Jahr nahm von
129 (1998) statt auf die maximal erwartete Zahl von 520,
sondern nur auf 209 (2003) zu, der Anteil der Ärzte
stieg dabei von 17% auf 38% der Meldungen. 93% meldeten ihre
Stichverletzungen innerhalb von 1 Stunde, so dass bei Bedarf
mit einer optimal wirksamen Sekundärprävention
gerechnet werden darf. Der Arbeitszeitverbrauch zur Meldung
betrug bei 72% weniger als 1 Stunde. Die technischen
Ursachen waren in 82% ausreichend, die organisatorischen nur
in 19% und die menschlichen Ursachen sogar nur in 4%.
2-händiges Recapping und Nadeln in Abfallsäcken
zählten zu Beginn zu den häufigsten, jetzt zu
seltenen Ursachen. 30% der Stichverletzungen wird von
Mitarbeitenden gemeldet, die weniger als 6 Monate angestellt
waren. Nur vereinzelte Mitarbeiter meldeten nicht jede
Verletzung, die meisten erreichten es bald sich nur einmal
alle paar Jahre sehr leicht zu verletzen. Dazu gehören
auch viele Personen mit täglicher Arbeit im
Operationssaal.
Die direkten und indirekten Kosten für die Meldung
einer durchschnittlichen Stichverletzung beläuft sich
auf SFr. 2200. Eine HCV-Übertragung wurde im
Beobachtungszeitraum registriert und konnte erfolgreich
behandelt werden. Die direkten und indirekten Kosten dieser
Behandlung werden auf SFr. 150'000 geschätzt. Die
Einführung von Sicherheitssystemen könnte bei der
bereits erreichten hohen Melderate die Anzahl der Meldungen
an Stichverletzungen senken. Hohe Zusatzkosten dieser
technischen Sicherheitssysteme rechtfertigen den in einem
auf menschliche und organisatorische Ursachenbekämpfung
ausgerichteten System zu erwartenden Nutzen aber kaum.
Zusammenfassung:
Ein gut funktionierendes Meldesystem fördert die
Meldehäufigkeit von Unfällen mit Infektionsgefahr
und ist wirtschaftlich. Ursachenanalysen mit
Massnahmenoptimierung anlässlich der Meldungen zur
Unfallverhütung senkt das
Infektionsübertragungsrisiko. Eine
Infektionsübertragung mit Hepatitis C wurde registriert
und erfolgreich behandelt. Die sehr häufigen
menschlichen und organisatorischen Ursachen werden durch das
Unfallverhütungskonzept wirksam beeinflusst. Der Nutzen
von Sicherheitssystemen mit Kosten im Umfange des 2-3-fachen
der bisherigen Verbrauchskosten ist schwierig
abzuschätzen
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